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Der Schwarze See

Roman, Lilienfeldiana 22

Erschienen am 25.09.2016
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783940357571
Sprache: Deutsch
Umfang: 140 S.
Format (T/L/B): 1.5 x 18.6 x 11.1 cm
Einband: Halbleinen

Beschreibung

Mit feinen, einfachen Strichen und mit klarsichtiger Melancholie entfaltet sich das exotische Panorama des Koloniallebens der zwanziger und dreißiger Jahre. Es beginnt mit dem idyllischen Kinderdasein auf einer Plantage zwischen Herrenhaus und Hütten, zwischen tropischer Fülle und europäischer Sehnsucht nach Kühle und Aufgeräumtheit. Zwei Jungen wachsen hier wie Brüder auf, der eine ist der Sohn des Plantagenverwalters, der andere der Sohn des eingeborenen Aufsehers. Ihre enge Freundschaft kennt anfangs die inneren Grenzen der kolonialen Gesellschaft nicht, aber mit dem Erwachsenwerden kommt die gegenseitige Entfremdung, und die Versuche, diese zu überbrücken, schlagen fehl. Die Freunde verlieren sich aus den Augen, aus der Idylle wird mehr und mehr eine Kampfzone. Am Ende steht ein Wiedersehen im Zeichen der Gewalt.

Autorenportrait

Hella S. Haasse, geboren 1918 in Batavia (dem heutigen Jakarta), steht in den Niederlanden als Autorin in der ersten Reihe der modernen Klassiker. Sie debütierte 1945 mit einem Gedichtband, aber schlagartig berühmt wurde sie 1948 mit ihrem ersten Roman "Der Schwarze See" (im Original: "Oereog"), der seitdem mehr als fünfzig Wiederauflagen erlebte, in elf Sprachen übersetzt und 1993 auch verfilmt wurde. Ihr Gesamtwerk umfasst viele weitere Romane, Erzählungen, Autobiographisches und Essays. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. 1983 den P. C. Hooftprijs (den niederländischen Staatspreis für Literatur), 2000 das Kreuz der französischen Ehrenlegion und 2004 den Prijs der Nederlandse Letteren. 2011 starb Hella Haasse mit 93 Jahren in Amsterdam.

Leseprobe

In den Ferien fuhr ich ab und zu nach Kebon Djati, das mir so unwiderruflich verändert erschien, als wäre es verzaubert worden. Das Haus stand voller neuer Möbel, der Garten war ordentlich angelegt, mit Kieswegen und gut gepflegten Blumenbeeten. Die Gesichter der Hausangestellten kannte ich nicht. Eugenie, die ein wenig fülliger geworden war und auf aggressive Weise gesund aussah, führte das Regiment, nicht nur im Haus des Verwalters, sondern wahrscheinlich auch auf der ganzen Plantage. Mein Vater wirkte gesund und zufrieden. Er hatte ein Doppelkinn bekommen, das über seinen Hemdkragen hing und ihm seltsamerweise das Aussehen der großen Frösche verlieh, die Urug und ich in unserer Kinderzeit zu fangen pflegten. Wenn ich ihn so sah, im Sessel hingefläzt, die Hemdsärmel aufgekrempelt und den Hosengürtel straff über dem Bauch, konnte ich mir kaum vorstellen, dass dies derselbe Mann war wie jener, der vor ein paar Jahren missmutig im Gartenzimmer neben einem heiseren Grammophon gesessen hatte. Das Grammophon war verschwunden, und an seinem Platz stand jetzt der Laufstall meines Stiefbrüderchens. Mein Vater gab mir ein paar Briefe, die meine Mutter mir aus Nizza geschrieben hatte, wo sie offenbar wohnte. Das lilafarbene, leicht parfümierte Papier erfüllte mich mit Widerwillen. Meine Mutter schrieb, als wäre ich noch ein kleiner Junge, und sie schickte mir einen Zeitungsausschnitt über einen neuen Rennwagen mit. Ich bemerkte, dass Eugenie ihn sich ansah, und das Blut stieg mir in den Kopf. Meine Mutter sandte auch Grüße an Urug: "Was ist aus ihm geworden?" Ich legte die Briefe in den Schrank des Gästezimmers und beschloss, nicht zu antworten.

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