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Fahrt ins Blaue

und andere Geschichten aus dem New Yorker

Erschienen am 05.03.2012
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783707603972
Sprache: Deutsch
Umfang: 168 S.
Format (T/L/B): 2 x 22 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Richard Berczeller, zu Lebzeiten angesehener Arzt in New York, beginnt mit 60 Jahren Kurzgeschichten über seine Lebenserfahrungen als Arzt, Jude und Sozialdemokrat zu schreiben und erfolgreich zu veröffentlichen. Die nun zum ersten Mal auf Deutsch vorliegenden Kurzgeschichten sind in loser Folge zwischen 1963 und 1974 im New Yorker erschienen. Berczeller beschreibt auf berührende Weise sein Leben im Wien der 20er- und 30-er Jahre als Medizinstudent und Filmschauspieler unter dem später vor allem für den Film Casablanca weltbekannten Regisseur Michael Curtiz, seine Erfahrungen als Jungarzt im Burgenland, seine Inhaftierung durch die Nazis, seine Flucht nach Frankreich und letztlich sein Leben in Amerika. Mit einem Vorwort von Joachim Riedl. Übersetzung aus dem Englischen von Jacqueline Csuss.

Autorenportrait

Richard Berczeller, geboren 1902 in Sopron/Ödenburg, gestorben 1994 in New York. Richard Berczeller ließ sich nach seiner Promotion an der Universität Wien 1926 als praktischer Arzt in Mattersburg/Burgenland nieder. Nach dem "Anschluss" 1938 wurde er gemeinsam mit den Mattersburger Juden verhaftet und nur unter der Bedingung, das Land sofort zu verlassen, wieder enthaftet. 1941 gelang ihm über Frankreich und die Elfenbeinküste die Ausreise in die USA. Seine Kurzgeschichten wurden in der Zeitschrift New Yorker veröffentlicht, er verfasste mehrere Bücher, darunter zwei Autobiografien.

Leseprobe

Nach dem Einmarsch der Deutschen in Paris gelang mir die Flucht in die Vereinigten Staaten. Die letzte Nachricht, die ich von Otto und Bruno hatte, war, dass sie in Montauban im Süden Frankreichs interniert waren. In New York war ich so damit beschäftigt, mich in meinem neuen Leben zurechtzufinden, dass ich kaum noch an die beiden dachte. Eines Tages hatte ich Dienst in der Ambulanz des Beth Israel Hospital. Der Krieg war seit einem Jahr zu Ende. In New York war wieder ein Schiff voller Flüchtlinge angekommen, und ich musste sie auf ihren allgemeinen Gesundheitszustand untersuchen. Ein ausgezehrter alter Mann sprach mich an: "Sie sind doch Doktor Berczeller, nicht wahr?" "Ja", antwortete ich. Ich erkannte ihn nicht."Aus Mattersburg?""Ja." Er hatte in Eisenstadt ein Herrenmodegeschäft gehabt, und obwohl wir einander persönlich nie begegnet waren, hatten wir viele gemeinsame Bekannte. Das Gespräch kam unweigerlich auf Bruno und Otto, die feschen Brüder - wusste er etwas von ihnen? Ja, das tat er. Er war mit ihnen in Montauban interniert gewesen und wusste auch, was aus ihnen geworden war. Eines Tages sah er, wie sie gemeinsam mit anderen in einen der Güterwaggons nach Auschwitz verfrachtet wurden. Als die SS-Truppen die Eisentüren zuschoben, um sie einzuschließen, hörte er Bruno zu Otto sagen: "Halt wieder so eine Fahrt ins Blaue."

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